Was Friedrich Dürrenmatt in „Die Physiker“ einst schrieb, umfasst in einem Satz die Überzeugung von Divisionär Daniel Keller, Kommandant Ter Div 2. Mit 24 Anwesenden war es eine kleine Runde, die der Einladung zum Vortrag Div Keller bei der OG Stadt Bern im Restaurant zu Äusseren Stand Folge geleistet hatten. Dies ist wohl nach wie vor eine Auswirkung der Covid-19 Pandemie, die gerade ältere Mitglieder sehr vorsichtig werden liess.

Umso aufmerksamer folgen die Anwesenden in fast familiärer Atmosphäre dem lebhaft vorgetragenen Referat. Div Keller stellt die Menschen seiner Division in den Mittelpunkt und nicht die Anzahl Fahrzeuge oder Waffensysteme. Er geht zunächst auf die aktuelle Lage ein mit einem Rückblick auf den Einsatz „CORONA20“, im Speziellen der Ter Div 2. Die Illustration zeigt die Vielfalt der Einsatzorte und der eingesetzten Truppen. Die Ter Div 2 umfasst über die sieben dazu gehörenden Kantone, mit dem Wasserschloss im Kanton Aargau, weitere schützenswerte Infrastrukturen in diesem Raum. Ein 153km langer Grenzabschnitt heisst auch, es passieren täglich 71‘000 Grenzgänger die Grenzen zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz . Es wohnen 1‘874‘000 Einwohner im Einsatzraum Ter Div 2 und während dem ersten Einsatz CORONA20 waren bis zu 900 AdA gleichzeitig im Einsatz. Die 36‘780 Einsatztage im Felde entsprechen 150 Arbeitsjahren!! Die sieben Kantone stellten zwecks Unterstützung der Armee 115 Begehren aus dem Gesundheitswesen und 3 Gesuche für Sicherungseinsätze zugunsten der Eigenössichen Zollverwaltung. Das Ganze wurde vom Stab Ter Div 2 im Lageverfolgungszentrum (LVZ) geplant und koordiniert und mit vielen AdA – auch mit Freiwilligen – an den bis zu 60 verschiedenen Einsatzorte über Monate, oft rund um die Uhr, umgesetzt.
Die Mobilmachung dieser Truppenteile funktionierte hervorragend, wie schon Br Droz in seinem Referat betont hat. In den zahlreichen dezentralen Standorten der Truppe erbrachten die jeweiligen Hauptverantwortlichen wahre Glanzleistungen!

So viele AdA im Assistenzdienst, ungeplant aus ihrem Umfeld und beruflichen Alltag herausgerissen, erfordert viel Fingerspitzengefühl in der Führung. Führen heisst für Div Keller: Sich kümmern, bevor es Kummer macht. Sein Führungsverständnis ist aber auch: Ein Raum, ein Chef, ein Auftrag. Der Einsatz der Armee ist eine Systemleistung und eine Leistung von Menschen für Menschen.

Der Referent leitet über zum Thema „Führung und Ausbildung“, sein Leitgedanke und die Verpflichtung umfassen drei wichtige Punkte: Professionell; wir garantieren überzeugende Leistung im Einsatz. Glaubwürdig; wir stellen sinnvolle und herausfordernde Dienstleistungen sicher. Respektvoll; wir kümmern uns aktiv um die Soldatinnen und Soldaten , Kader und um den Kadernachwuchs.

Nun ist es nicht damit getan, für die Kantone im Einsatz zu sein, gemeinsam mit Partnerorganisationen. Die Ausbildung muss gleichzeitig weitergehen und so kommt Div Keller auf den Grundbefehl der Ter Div 2 zu sprechen. Er stellt die Ziele im „normalen“ KVK/WK vor: Der Truppenkörperkommandant garantiert überzeugende Leistungen im Einsatz; stellt sinnvolle und herausfordernde Dienstleistungen sicher und trägt den Unterstellten – insbesondere den Kadern und dem Kadernachwuchs – Sorge. Dies gilt für alle zur Ter Div 2 gehörenden Truppenteile und umfasst das Ter Div Stabsbataillon, vier Infanteriebataillone, ein Geniebataillon und ein Rettungsbataillon. Die Führungskompetenz lässt sich in drei schlichten Worten zusammenfassen: „Mer wänd, mer chönd und mer tüend“, Wollen, Können und Tun unter den Aspekten Verhaltenssicherheit, Verfahrenssicherheit und Handlungssicherheit. Das muss unter Führung gelernt und angewendet werden.
Vom Einsatz CORONA20 weg zeigt Div Keller, was für ihn Rollenverständnis heisst. Ein Chef führt, bildet aus, steuert, bereitet sich vor und – er trägt sich selber Sorge, damit er seinen Auftrag zu jeder Zeit erfüllen kann. Konkret und ganz einfach: Mach mal Pause. Kurz joggen gehen, einen Kaffee trinken, einen Feldpostgruss schreiben. Was „unmilitärisch“ tönt, kann sich massgeblich auf Erfolg oder eben Misserfolg auswirken. Für die Ter Div 2 gelten drei Produkte der Führung. Es ist im Einsatz und im Ausbildungsalltag wichtig, sich zuallererst ein Gesamtbild der Lage zu machen, dann ist der Handlungsbedarf zu definieren mit Zeitplan und Synchromatrix und mit der Statusübersicht ist auch die Handlungsfreiheit zu definieren: Trainiere, wie Du kämpfst!

Der Referent geht noch auf den Mehrwert der Kaderausbildung ein. Dies muss in der zivilen beruflichen Welt noch viel bewusster gemacht werden. Durch die militärische Ausbildung in unserer Milizarmee lernen bereits junge AdA Menschen zu führen, das heisst, als Team zusammenarbeiten, Verantwortung übernehmen, Kameradschaft erleben und seine persönlichen Grenzen kennen lernen. Diese Hürden sind oft viel höher, als man es sich jemals zivil zugetraut hätte. Der Arbeitgeber kann davon profitieren, wenn er seinen Mitarbeitenden eine militärische Ausbildung zugesteht. In keiner Firma und an keiner Hochschule wird so praktisch ausgebildet wie in der Armee, bezüglich Problemerfassung, Beurteilung der Lage, Entschlussfassung, Planentwicklung, mit der notwendigen Befehlsgebung.

Wir gehen wieder Festtagen entgegen und erneut werden von den Kantonen Anträge für Truppeneinsätze gestellt in Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie. Zum ersten Mal in seinem militärischen Leben war Div Keller an Weihnachten 2020 nicht daheim. Er kümmerte sich um seine AdA und feierte mit ihnen „Noël du soldat“, Soldatenweihnacht, wie schon die Truppen im Felde, an der Schweizer Grenze, 1914-1918 und 1939-1945.
Während dies hier geschrieben wird, zeichnet sich ab, dass allenfalls Div Daniel Keller auch 2021 wiederum „Noël du soldat“ irgendwo in der Schweiz bei seinen AdA feiern wird. Er kümmert sich, bevor es Kummer gibt, denn unterdessen ist allenthalben der Ton etwas rauer geworden, alle haben genug von dieser Pandemie und ihren Auswirkungen auf Privatleben und Militärdienst. Die Herausforderungen sind noch grösser geworden und einiges muss ins Bewusstsein gerückt werden: Eigenschutz aber auch einfach Ordnung und Disziplin, ohne das geht es nicht. Der Dienstbetrieb muss auch unter Corona-Bedingungen gut organisiert sein, die aussagekräftigen Tagesbefehle müssen verlässlich sein, man muss für einen ruhigen und verbindlichen Ablauf sorgen und vorausschauend befehlen; dies gilt in der Arbeitswelt aber auch im Militär, CORONA hin oder her. Es braucht auch die Unterstützung vom Arbeitgeber, aus dem zivilen Umfeld. Eine schlichte Wahrheit gibt Daniel Keller uns mit auf den Weg: „Es kostet nichts, Merci zu sagen!“

Eine Pause darf sich der Referent nun gönnen, bevor er wieder zur Truppe im WK zurückkehrt und die Mitglieder der OGB und ihre Gäste dürfen sich am offerierten Apéro delektieren, denn wie es schon immer eine Wahrheit war: Gut Essen und Trinken halten Leib und Seele zusammen. Wir danken Div Keller für sein ausführliches und spezielles Referat das sich den Menschen in seiner Division widmet und kehren zum Anfang zurück: Was alle angeht können nur alle gemeinsam lösen!

Four a.D. Ursula Bonetti,
Chefredaktorin

 

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